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Bundespräsident Rau hat am Freitag, dem 30.11.2001, den Geschäftsführenden Bundesvorstand der Türkischen Gemeinde in Deutschland zu einem Gespräch empfangen.

An diesem intensiven Meinungsaustausch nahmen vom Bundespräsidialamt auch teil:

– Herr Ministerialdirektor Christoph Habermann, Leiter der Abteilung Inland,
– Frau Anne Gidion, Referentin im Referat Kultur und Kirchen,
– Herr Dr. Markus Barth, Referent im Referat Grundsatzfragen,
– Herr Ministerialrat Dr. Hans–Jürgen Wolff, Leiter des Referats Inneres.

Bundespräsident Rau hörte sich sehr interessiert und aufmerksam die Anliegen des TGD–Vorstandes an. Der Bundespräsident nahm sich für diesen Gedankenaustausch 45 Minuten Zeit. Nachdem er die Gesprächsrunde verlassen hatte, blieb noch einmal die gleiche Zeit, um die angesprochenen Themen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundespräsidialamtes weiter zu vertiefen.

»In den meisten Punkten«, so Bundespräsident Rau, »stimme ich Ihnen zu. In mir haben sie einen guten Anwalt.«

Bundespräsident Rau betonte die Bedeutung des Erlernens der deutschen Sprache für die Integration der Eingewanderten. Ebenso wichtig dafür seien jedoch Ausbildungs- und Arbeitsplätze in ausreichender Menge.

Der Bundesvorstand hat dem Bundespräsidenten vorgetragen, dass die Türkische Gemeinde in Deutschland die Anregungen des Bundespräsidenten zur Integrationspolitik, wie sie insbesondere in seiner Berliner Rede zum Ausdruck gebracht worden seien, aber auch auf der Kundgebung gegen Rassismus und Antisemitismus in Berlin mit großem Interesse verfolgt habe.

Die TGD

  • strebe die rechtliche, politische und soziale Gleichstellung und Gleichbehandlung der in Deutschland lebenden Nichtdeutschen an;
  • trete gegen Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung ein;
  • wolle zu einem friedlich-solidarischen Zusammenleben aller Menschen in Deutschland beitragen und
  • begreife Deutschland als die neue Heimat der Einwanderer und als Heimat ihrer hier geborenen Kinder und Enkel.

Mit eigenen konkreten Vorschlägen haben wir versucht, auf die Schwierigkeiten und Probleme des Zusammenlebens aufmerksam zu machen. Wir haben darauf hingewiesen, dass der Kern aller Probleme unseres Erachtens dadurch begründet sei, weil immer noch ca. 7,3 Millionen Menschen mit den minderen Rechten eines »Ausländerstatus« in Deutschland leben müssten, obwohl viele von Ihnen seit Jahrzehnten hier leben und hier geboren sind.

Deutschland als neue Heimat mittlerweile vieler Millionen Einwanderer darf seine Dauerbewohner nicht ungleich behandeln:

  • dies verhindert ihre Zugehörigkeit und volle Identifikation mit Deutschland,
  • dies wiederum verhindert die Integration.

Das Hauptproblem in diesem Zusammenhang ist die erzwungene Aufgabe der alten Staatsbürgerschaft.

An weiteren Kritikpunkten trugen wir vor:

  1. Im Gegensatz zu vielen unserer Nachbarländer haben wir in Deutschland immer noch kein Antidiskriminierungsgesetz.
  • Die EU drängt auf ein Gesetz nach der »Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes« bis Juni 2003.
  1. Wir werden kaum in Diskussionsprozesse einbezogen, selbst wenn es um Themen geht, die uns selbst betreffen, so z.B.
  • bei der »Süßmuth–Kommission«,
  • beim Zuwanderungsgesetz,
  • bei der Besetzung der Posten der Ausländerbeauftragten.
  1. Angehörige des islamischen Glaubens dürfen nicht als potentielle Sympathisanten der Terroristen diskreditiert werden.
  • Es darf nicht zu einer Konfrontation der Kulturen und Religionen kommen.
  • Gerade jetzt brauchen wir eine Verstärkung des interkulturellen und interreligiösen Dialogs und Austauschs.
  1. Wir sind sehr an einer EU-Mitgliedschaft der Türkei interessiert.
  • Wenn die Türkei die Kopenhagener Kriterien erfüllt, darf sie nicht anders behandelt werden als die übrigen Beitrittskandidaten.
  • Die volle Integration der Türkei in die EU wird auch zum Integrationsprozess der Deutschlandtürken einen entscheidenden Beitrag leisten.
  1. Die türkischen Kinder und Jugendlichen haben im Bildungs- und Ausbildungsbereich noch erhebliche Nachholbedarfe. Hierbei müsste noch sehr viel getan werden. Ohne einen Beruf und ohne Arbeit kann die Integration nicht gelingen.
  2. Wir wollen auch unsere fortschreitende kulturelle Identität bewahren. Türkische Kinder sollten die Möglichkeit haben, die türkische Sprache in den Schulen zu erlernen.
  3. Der Islamische Religionsunterricht an staatlichen Schulen ist von großer Bedeutung, damit die Eltern ihre Kinder nicht zu den sogenannten »Korankursen« schicken müssen, in denen der Islam für die Interessen und Zwecke einzelner Gruppen instrumentalisiert wird und die Kinder in diesem Sinne indoktriniert werden.

 [:tr]

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