„Das Thema Islamophobie ist in den letzten Jahren nach und nach zu einem wichtigen Thema aufgestiegen. Die vom Bundesinnenminister initiierte Deutsche Islamkonferenz beschäftigt sich auch mit dieser Thematik, nachdem die muslimischen Verbände darauf gedrängt haben, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen.
In der Präventionsgruppe der Deutschen Islamkonferenz geht es um die sogenannte Muslimfeindlichkeit, da wir das Wort Islamophobie bei uns in Deutschland vermeiden.
Immerhin wird eine zweitägige Tagung im Dezember zu dieser Thematik stattfinden, auf der ich auch an einer Podiumsdiskussion teilnehmen werde.
Es gibt eine Debatte in Deutschland, wonach antisemitische und islamophobe Einstellungen ähnliche Strukturen aufweisen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die OSZE sich dieses Themas annimmt und eine große Tagung dazu organisieren sollte. Dies wäre sicherlich ein gemeinsames Zeichen gegen Islamophobie.
In Deutschland werden bei allen Hassdelikten oder Übergriffen die Hintergründe statistisch erfasst. Im Bereich der Islamfeindlichkeit findet dies jedoch nicht statt, so dass wir die genaue Zahl der Straftaten nicht wissen können.
Der Bundesinnenminister hat vor kurzem eine Kampagne zur Deradikalisierung von Muslimen angefangen. Wir finden es richtig, sich mit diesem Problem zu beschäftigen, hierzu Präventions- und Repressionsmaßnahmen durchzuführen.
Die ausgewählte Form zur Bekanntmachung eines Beratungsangebots macht uns große Sorgen. Die Plakataktion des Bundesinnenministers schürt nur Vorurteile gegen die muslimische Bevölkerung in Deutschland. Auf den Plakaten werden Muslime mit Fotos gezeigt, die als vermisst gelten, also sich radikalisiert hätten.
Unsere Kritik an der Kampagne kann auch dieses Mal nicht darauf reduziert werden, dass die muslimische Bevölkerung in Deutschland unter einen Generalverdacht des Radikalismus gestellt wird.
Diese Plakatkampagne ist ohne Wenn und Aber eine Stigmatisierungskampagne gegen alle Menschen muslimischer Herkunft. Denn ohne jede Differenzierung stigmatisiert sie nicht nur die religiösen Muslime, sondern alle Menschen muslimischer Herkunft, als ob diese Bevölkerungsgruppe grundsätzlich gegen Radikalismus geschützt werden muss. Familienmitglieder sollen sich vorauseilend als Inspektoren gegen Radikalismus in den ehrenamtlichen Sicherheitsdienst einstellen.
Diese Kampagne lenkt von den eigentlichen Problemen in Deutschland ab. Der Rassismus in der Mitte der Gesellschaft ist das Hauptproblem. Es stellt sich die Frage, ob der Bundesinnenminister mit seiner Strategie die Integrationspolitik als Sicherheitsfrage vermarkten und eine Stigmatisierungkampagne gegen Muslime in Deutschland führen, die politische Tagesordnung verschieben und somit von den eigentlichen Problemen ablenken wolle.
Nach den heftigen Diskussionen hat der Bundesinnenminister die Plakataktion vorerst gestoppt. Jedoch hat man die Postkarten in einigen Großstädten verteilt. Unter anderem in Köln auf der Keupstraße, auf der 2004 die Neo-Nazis einen Bombenanschlag auf Türken ausgeübt hatten.
Soviel zu der Sensibilität deutscher Behörden.“