Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) arbeitet seit 1995 für die demokratische Gestaltung unserer Gesellschaft in Deutschland. Die TGD setzt sich für die Gleichberechtigung der Menschen auf allen Ebenen ein, unabhängig von ihrer jeweiligen Herkunft, Sprache, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Alter oder sexuellen Orientierung. Wir möchten als Verein das Zusammenleben und die Politik in Deutschland mitgestalten – gleichzeitig sind wir emotional auch mit der Türkei verbunden. Beim Referendum am 16. April, in dem über Veränderungen der türkischen Verfassung abgestimmt wird, geht es nicht um parteipolitische Präferenzen wie etwa bei Parlamentswahlen. Sondern es geht vielmehr um die Grundsatzfrage, ob die Türkei eine Demokratie bleibt – und damit geht es um die Zukunft eines Landes, der wir als Verband nicht tatenlos zusehen können und wollen.
Die TGD setzt sich ohne parteipolitische Ambitionen für eine demokratische und pluralistische Zukunft der Türkei ein. Die TGD sieht die vorgesehenen Verfassungsänderungen in der Türkei, über die auch Türkeistämmige in Europa mitentscheiden können, als eine fatale Entwicklung, die die Türkei von jeglichen demokratischen Grundsätzen entfernen würde. Die TGD lehnt jegliche Verfassungsänderungen ab, die das Land in ein Ein-Mann-Regime bzw. in eine Autokratie führen. Genau das ist leider das Ziel des Referendums.
Die Bestandteile des Referendums sind konkret:
1. Der Präsident wird nicht mehr nur Staats- sondern auch Regierungschef. Das Amt des Ministerpräsidenten wird faktisch abgeschafft.
2. Der Präsident ist nicht mehr parteipolitisch neutral. Das Prinzip der Überparteilichkeit des Präsidentenamtes wird abgeschafft.
3. Der Präsident entscheidet alleine über Ernennung und Absetzung seiner Stellvertreter. Er ist außerdem für alle Minister zuständig, wobei er beliebig und jederzeit Ministerien einrichten und abschaffen kann.
4. Per Dekret kann der Präsident neue Gesetze erlassen, ohne die Zustimmung des Parlaments einholen zu müssen.
5. Das Prinzip des Misstrauensvotums wird abgeschafft. Anfragen des Parlaments können nur noch schriftlich an den Vizepräsidenten oder an Minister eingereicht werden, welche wiederum direkt vom Präsidenten ernannt werden.
6. Der Präsident kann das Parlament nach Belieben auflösen.
7. Der Justizminister wird direkt vom Präsidenten ernannt, wobei der Justizminister als Vorsitzender auch die Funktion des Hohen Rats der Richter und Staatsanwälte innehat.
8. Der Präsident wählt weitere sechs der insgesamt dreizehn Mitglieder des Hohen Rates. Die übrigen sieben werden vom Parlament gewählt. Als Abgeordneter nimmt er auf deren Nominierung auch einen direkten Einfluss.
Umfragen in der Türkei zeigen, dass ein großer Teil der Bevölkerung nicht weiß, worum es in der Verfassungsänderung inhaltlich geht. Dies gilt auch für die Wahlberechtigten in Deutschland (etwa 1,4 Mio. Menschen). Ein wesentlicher Grund dafür ist die Eile, mit der die Änderungsvorschläge durch das Parlament verabschiedet wurden. Eine Verfassung ist die Grundlage des Zusammenlebens der Menschen. Diese Änderung der Verfassung greift massiv in diese Grundlagen ein.
Sowohl in der Türkei, als auch hier in Deutschland gibt es kaum Dialog zwischen den vielen BefürworterInnen der Verfassungsänderung und den GegnerInnen. Die Türkei ist wie auch die Türkeistämmige Community hier gespalten. Wir als Dachverband werden mit Veranstaltungen und insbesondere in direkten Gesprächen über das Referendum aufklären und anonymer Angstmacherei entgegentreten.
Wir sind überzeugt: Es geht bei der Verfassungsänderung nicht um die Lösung drängender gesellschaftlicher Probleme der Türkei, wie wachsende Armut, Arbeitslosigkeit oder Bildungsmangel. Die eigentliche Triebfeder ist die Absicht einer Person, die Türkei alleine zu regieren. Sollten diese Änderungen durch das Referendum bestätigt werden, werden alle demokratischen Organe, allen voran das türkische Parlament, entmachtet. Alle Errungenschaften, Regeln und Traditionen, die im Dienste einer demokratischen Zukunft bewahrt und gestärkt werden müssten, werden in die Bedeutungslosigkeit gedrängt. Der Rechtsstaat wird außer Kraft gesetzt. Eine einzige Person wird über die Gelder und die Institutionen des Staates bestimmen. Es gibt keine Rechenschaftspflicht, Gewaltenteilung und keinen wirksamen Schutz der Grundrechte mehr.
Wir müssen alles daransetzen, die Menschen für das Referendum zu mobilisieren und sie davon überzeugen, mit NEIN zu stimmen.
Die TGD als Dachverband mit seinen Mitgliedsorganisationen wird alles tun, um die Menschen zu informieren und um die Verfassungsänderung mit mehr NEIN-Stimmen demokratisch abzulehnen. Damit setzt die TGD einen Vereinsbeschlusses des Vertreterrats vom 4./5.2.2017 um.
Wir sagen als TGD und mit ihren Mitgliedsorganisationen eindeutig NEIN zur Verfassungsänderung in der Türkei!
Infos zu #neinheißthayir & Material unter info@tgd.de.
Zur TGD gehören folgende Mitgliedsorganisationen:
Türkische Gemeinde in Baden-Württemberg e.V., Stuttgart
Türkische Gemeinde in Bayern e.V., München
Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg e.V., Berlin
Türkische Gemeinde in Bremen und Umgebung e.V., Bremen
Türkische Gemeinde in Hamburg und Umgebung e.V., Hamburg
Türkische Gemeinde in Hessen e.V., Frankfurt
Türkische Gemeinde in Niedersachsen e.V., Hannover
Türkischer Bund in Nordrhein-Westfalen e.V., Düsseldorf
Türkische Gemeinde in Schleswig-Holstein e.V., Kiel
Türkische Gemeinde in Rheinland-Pfalz e.V., Mainz
VTZ Verein der Türkischen Zahnärzte e.V., Schwelm
Föderation Türkischer Elternvereine in Deutschland e.V, Berlin
TEB- Institut für türkisch europäische Beziehungen e.V., Duisburg
TEMA-Stiftung für den Naturschutz, Köln
ATÖF-Bund der Türkischen Lehrervereine in Deutschland e.V., Geisenheim
Academic Voice – Bund Deutsch-Türkischer Studierenden und Akademiker/innen, München
Young Voice TGD e.V., Berlin
BTEU – Bund türkisch-europäischer Unternehmer, Hannover
Deutsch-Türkische Medizinergesellschaft e.V., Hannover