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Pressemitteilung vom 18.04.2017 zum Ausgang des türkischen Referendums in Deutschland

Offenbar haben 63 Prozent der in Deutschland lebenden und wahlberechtigten Türkeistämmigen Menschen, die zur Wahl gegangen sind, sich für ein autokratisches System mit einem nahezu allmächtigen Präsidenten Erdogan entschieden. Das wirft viele Fragen auf – Fragen an die Ja-Wähler*innen und Fragen an Deutschland.

Wie kann es sein, dass Menschen, die hier Demokratie und freie Meinungsäußerung genießen, eine solche Wahl für die Türkei treffen? Und wie kann es sein, dass so viele derer, die z. T. in Deutschland geboren sind, so wenig Zugehörigkeitsgefühl zu ihrer Heimat entwickeln?

Diese Probleme bleiben bestehen, selbst wenn, wie der CDU-Politiker Ruprecht Polenz angenehm versachlichend feststellt, die reine Zahl an Ja-Stimmen von etwa 450.000 natürlich nicht 63 Prozent der Deutschtürken, sondern eher 15 Prozent entspricht.

Sicher, Deutschland muss sich der Frage stellen, was integrationspolitisch auf der Strecke geblieben ist, was im Bereich der politischen Bildung und der Bildung insgesamt zu wenig oder verkehrt gelaufen ist. Aber auch die 450.000 Ja-Wähler*innen müssen sich die Frage gefallen lassen, wann sie endlich ihre Opferhaltung ablegen und beginnen, ihre demokratischen Rechte in Deutschland wahrzunehmen und um ihre Anerkennung hier zu kämpfen, statt sich hinter einem polternden Staatspräsidenten zu verstecken.

Einfache Antworten können dieser Situation in keinem Fall gerecht werden! Das knappe Ja zur Verfassungsänderung ist der Erfolg einer rein populistisch geführten Kampagne, zugespitzt auf die Frage: „Bist du Türke oder Vaterlandsverräter?“ Es ist enttäuschend, wenn sich deutsche Politiker*innen jetzt auf dieses Niveau herabbegeben und die Ausreise von Ja -Wähler*innen empfehlen oder die aktuelle Situation missbrauchen, um Stimmung gegen das kommunale Wahlrecht für Drittstaatler*innen zu machen. Die Türkische Gemeinde in Deutschland ist der Meinung, dass die Antwort auf dieses trotzige Sich-Abwenden so vieler Menschen mehr Teilhabe sein muss und nicht weniger!

Die oben genannten Fragen müssen gestellt und diskutiert werden. Vielleicht sind einige Antworten schwer auszuhalten oder nicht nachvollziehbar – genauso wenig, wie ein Anteil von 15 Prozent an AFD-Wählern für viele von uns akzeptabel oder zu verstehen sind oder die pauschale Ablehnung muslimischer Menschen. Die Stärke unserer Demokratie ist die Auseinandersetzung mit demokratischen Mitteln, der kultivierte Streit. Wer jetzt die Demokratie hochhält, sollte sich daran erinnern und die ehrliche Auseinandersetzung suchen. Als Türkische Gemeinde in Deutschland werden wir auch nach dem Referendum Anlässe zum Dialog schaffen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken und entstandene Risse zu kitten.

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