Staatsangehörigkeitsrecht: Türkische Gemeinde in Deutschland kritisiert pessimistische Debatte und verspielte Chancen
„Nach Jahrzehntelangen Bemühungen und intensiven letzten zwei Jahren, tritt das neue Staatsangehörigkeitsrecht endlich in Kraft“, sagt Gökay Sofuoğlu, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland e.V. „Das Gefühl vieler Bürger*innen, mehrere Heimaten und Zugehörigkeiten zu haben, manifestiert sich zukünftig endlich in Form von zwei Pässen. Gerade für die türkeistämmige Bevölkerung ist das ein Akt der Anerkennung ihrer Lebensrealität und auch der Wertschätzung ihrer Leistungen in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Umso mehr trifft mich die erneute pessimistische Debatte in der so getan wird als gäbe es fortan irgendwas geschenkt für Menschen, die sich hier nicht anstrengen. Als würde die Gesellschaft nun etwas verlieren. Vielfalt ist die Zukunft Deutschlands. Das ist unabwendbar. Wir haben mit der Entwicklung einer Willkommenskultur solange gewartet, dass wir heute kaum konkurrenzfähig sind im Kampf um die Menschen, die überall gebraucht werden. Es ist traurig, wie wenige Politiker*innen eine Idee zur Gestaltung dieser Zukunft in Vielfalt haben. Wir brauchen Politiker die optimistisch unsere Zukunft gestalten, mit Vertrauen in die Menschen, die es richten sollen, ob sie nun schon hier sind oder erst zu uns kommen.“
Aslıhan Yeşilkaya-Yurtbay, Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland e.V., sagt: „Diese Art der Debatte gibt es nicht nur beim Staatsangehörigkeitrecht, sondern auch beim Bundespartizipationsgesetz, das derzeit im Bundesinnenministerium vorbereitet wird. Es geht hier um eine Erhöhung des Anteils von Menschen mit Migrationsgeschichte in der öffentlichen Verwaltung. Wenn ein CDU-Politiker in diesem Zusammenhang von ‚Politik gegen die einheimische Bevölkerung’ spricht, dann ist das wahrlich entlarvend, wer hier als einheimisch begriffen wird und wer nicht. Immer wieder wird suggeriert, es ginge hier um Bevorzugung von Menschen mit Migrationsgeschichte. Das ist ein Märchen! Es geht um das Abstellen ihrer Benachteiligung genauso wie bei Frauen in Spitzenpositionen. Und jede Frau weiß, was jetzt kommt. Es wird so getan als solle nun die Frau den Job bekommen, weil sie eine Frau ist. Als hätten Frauen keine Qualifikationen! Als würden Männer ihre Spitzenpositionen vor allem wegen ihrer herausragenden Kompetenzen erlangen und nicht weil Männer gerne Typen einstellen, die ihnen ähnlich sind. Diese Argumente kennen wir doch alle. Das ist nur allzu durchsichtig der Versuch, die eigenen Privilegien zu sichern. Wenn es die Qualifikation zulässt, soll die gesellschaftliche Realität in unseren Ämtern und Behörden abgebildet werden. Das ist vernünftig, denn wenn die Gegenwart nicht am Tisch sitzt, werden keine guten Entscheidungen für die Zukunft getroffen. Das gilt übrigens auch für Ostdeutsche, vor allem in Spitzenpositionen. Es geht um Kompetenzen und um Lebensrealitäten, die prägend sind.