„Die Zukunft der türkischen Sprache im Bildungssystem hängt von der Entschlossenheit ab, die wir heute zeigen!“
In letzter Zeit wird zunehmend versucht, Türkischunterricht in Form von Kursen am Wochenende oder in den Abendstunden über Konsulate der Republik Türkei in Deutschland sowie über Institutionen wie DİTİB und das Yunus Emre Institut anzubieten. Was auf den ersten Blick positiv erscheint, stellt eine ernsthafte Beeinträchtigung der über fünfzig Jahre andauernden Auseinandersetzung dar, Türkischunterricht als muttersprachlichen/ herkunftssprachlichen Unterricht in das Schulsystem zu integrieren. Denn solche Kursangebote werden zunehmend als Alternativen zu den offiziellen muttersprachlichen Angeboten an staatlichen Schulen präsentiert – und damit wird die Integration des Türkischen in das Schulsystem geschwächt. In der Folge wird Türkischunterricht in vielen Bundesländern entweder aus dem Curriculum gestrichen oder aufgrund angeblich unzureichender Schülerzahlen nicht angeboten.
Als türkische Community haben wir es durch jahrelangen intensiven Einsatz geschafft, in einigen Bundesländern Türkisch als Herkunftssprache, zweite oder dritte Fremdsprache in das deutsche Schulsystem einzuführen. Dies ist ein bedeutender Erfolg, der bewahrt und ausgebaut werden muss.
Türkischunterricht wird in einigen Bundesländern sowohl durch Lehrkräfte der Bildungsministerien als auch im Rahmen bilateraler Abkommen mit der Republik Türkei im schulischen Kontext angeboten. In diesen Bundesländern ist vorgesehen, dass „zur Wahrung und Stärkung der kulturellen Bindungen unserer Bürgerinnen und Bürger im Ausland sowie unserer Landsleute“, künftig auch ortsansässig angestellte Lehrkräfte eingesetzt werden. Gleichzeitig beobachten wir, dass Unterricht durch Lehrkräfte aus der Türkei zunehmend außerhalb der Schule angeboten wird. Diese Entwicklung betrachten wir mit Skepsis. Trotz bestehender Kritik und Mängel halten wir es für richtig, dass dieser Unterricht innerhalb des Schulsystems stattfindet.
BTMB und FÖTED nehmen zu den oben genannten Entwicklungen wie folgt Stellung:
- Der Unterricht in den Schulen ist Teil des offiziellen Bildungssystems, wird von pädagogisch qualifizierten Lehrkräften erteilt, ist für alle zugänglich und unterliegt der staatlichen Kontrolle. Kurse in Moscheen und Vereinen beruhen hingegen auf Freiwilligkeit und werden nicht als gleichwertig mit formaler Bildung betrachtet. Dies schwächt die Anerkennung und den Wert des Türkischen als offizielles Schulfach. Die Verlagerung des Türkischunterrichts in Moscheen und Vereine verstärkt in der
Gesellschaft die Wahrnehmung, dass Türkisch kein Bestandteil des Bildungssystems ist, sondern nur für bestimmte religiöse oder ethnische Gruppen angeboten wird. Dies reduziert Türkisch hingegen – wenn auch unbeabsichtigt – auf eine religiöse bzw. ethnische Gruppensprache. Das fördert bestehende Vorurteile und macht Türkisch anfällig für politischen Druck. - In der Schule werden Lehrpläne, Lehrkräftequalifikationen sowie Standards für Bewertung und Leistungsüberprüfung vom Staat festgelegt und kontrolliert. In Moscheen und Vereinen können diese Standards nicht gewährleistet werden; Qualität und Inhalte des Unterrichts variieren je nach Person und Institution. Dies birgt die Gefahr, die Ernsthaftigkeit und das akademische Niveau des Sprachunterrichts zu untergraben.
- Die Verankerung des Türkischen im deutschen Bildungssystem als offizielles, benotetes Fach unter dem Dach der Schule ist ein wesentlicher Bestandteil zur Wahrung der Muttersprache unserer Kinder sowie ihrer Bildungsrechte.
Die Vorschläge von BTMB und FÖTED zum Thema sind wie folgt:
- Langfristig muss der Türkischunterricht als reguläres Fach mit Noten und Zeugnisvermerk ein Bestandteil des deutschen Bildungssystems sein. Eine konsequente Umsetzung dieses Prinzips in allen Bundesländern ist von großer Bedeutung für die Zukunft der türkischen Sprache.
- Unsere Erwartung an die Institutionen der Republik Türkei ist es, den von den Kultusministerien der Länder kontrollierten Türkischunterricht zu unterstützen und weiterzuentwickeln. In Bundesländern, in denen der Unterricht durch die Lehrkräfte des Türkischen Bildungsministeriums erteilt wird, sollen Konsulate und Bildungsattachés mit den zuständigen Landesbildungsministerien in Kontakt treten, um den Unterricht aus dem außerschulischen Bereich herauszuholen und in das schulische System zu integrieren – hierfür sind entsprechende Absprachen mit den deutschen Bildungsinstitutionen notwendig.
- Wir rufen alle Institutionen und Verantwortlichen auf, in dieser Frage gemeinsam entschlossen zu handeln und dieses mit jahrelanger Arbeit errungene Recht gemeinsam zu verteidigen.
„Die Zukunft der türkischen Sprache im Bildungssystem hängt von der Entschlossenheit ab, die wir heute zeigen!“